Die Weichsel ist und war ein landschaftsprägender Fluss und hat zu allen Zeiten Menschen in ihren Bann gezogen. Dies galt auch für die Kunstschaffenden unter ihnen. Ein Synonym für Westpreußen ist die Bezeichnung „Unteres Weichselland“. Die Ausstellung zeigt insgesamt 50 Arbeiten von 29 Künstlern und Künstlerinnen, die entlang der Weichsel ihre Motive gefunden und diese in Farbe wie Öl-, Tempera- oder Aquarellmalerei festgehalten haben.
Von Ottlotschin/Otłoczyn südlich von Thorn/Toruń windet sich die Weichsel Richtung Norden. Sie bildet mehrere Mündungsarme aus, bevor sie in die Danziger Bucht der Ostsee mündet. Die weite Natur, die Steilufer mit den Städten, die Dörfer oder der Fluss selbst waren Motive – Momente –, die Maler und Malerinnen seit vielen Generationen inspirierten, zum Verweilen einluden und sie produktiv werden ließen.
Aus den Beständen des Westpreußischen Landesmuseums wurde eine Auswahl an Werken getroffen, die nun präsentiert wird. In Erinnerung an die Zeit vor zehn Jahren – Ende 2013 –, als die Exponate für den Umzug von Münster-Wolbeck nach Warendorf eingepackt wurden, wurden nun 50 Arbeiten aus dem Magazin geholt, um sie in Warendorf zu zeigen. Einige Kunstschaffende bleiben in ihrer Anonymität verhaftet, da es keine biografischen Daten gibt. Die Arbeiten entstanden von Mitte der 1860er Jahre bis in die 1990er Jahre und spannen einen Bogen durch die moderne Zeit mit ihren vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten vom realistisch-naturalistischen Stil bis hin zum fast Abstrakten.
In der Ausstellung stehen aber nicht die Künstlerarbeiten im Vordergrund, sondern die Reihenfolge der Hängung – die sich in der Broschüre zur Ausstellung widerspiegelt – ist dem Verlauf der Weichsel nachempfunden. Der Strom, der die Landschaft bestimmt und die an ihm gelegenen Städte, bildet das Band, an dem sich die Werke wie Perlen an einer Schnur reihen.
Das erste Gemälde zeigt „Ritter des Deutschen Ordens an der Weichsel“ und wurde von Fritz Pfuhle (1878–1969) gemalt. Es führt in die Landschaft ein, aber auch in die Geschichte des Unteren Weichsellandes. Die Ordensritter betrachten das Land einen Augen-Blick von einer Anhöhe und schauen in die Weite mit Aus-Blick. Und diese beiden Blicke, der Augen-Blick, als Moment der Entstehung eines Bildmotivs sowie der Aus-Blick, als Moment der Aufnahme einer konkreten Ansicht, stehen im Vordergrund der Betrachtung.
Einige der Maler sind mit Münster verbunden wie Bernhard Bröker, ein Münsteraner Maler und Gerhard Mienert, der nach dem Zweiten Weltkrieg in Münster lebte und sich bei Bröker weiterbildete. Auch Hans Born fand nach der Flucht seine neue Heimat in Münster.
Mögen die Bilder für sich sprechen, für die Landschaft, in der sie entstanden oder die sie zeigen. In den Gemälden wurden Augen-Blicke festgehalten und manche Motive bieten Aus-Blicke in die Weite der Landschaft. Die Werke nehmen den Betrachtenden mit auf eine Reise, wenn er sich auf diese einlässt.
Mit der Begleitbroschüre zu Ausstellung werden 50 Werke aus dem Sammlungsbestand der Gemälde- und Aquarellmalerei unter dem Thema „Augen-Blicke – Aus-Blicke. Westpreußen entlang der Weichsel“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
von Jutta Reisinger-Weber
Fotos: WPLM